Reizdarm.

Ich lebe ein ruhiges Leben. Ich habe drei Kinder, zwei davon habe ich sogar selbst gezeugt, eine wunderbare Partnerin und ein nettes Heim. Ich habe minimale Schulden und wenig Erspartes.

Doch ab und an nimmt mein beschauliches Dasein eine ungeahnte Wendung, ein nicht vorgesehener Schlenker auf der sonst so geraden Strasse meines Lebens taucht auf dem Horizont auf. Und blitzschnell ist meine Weltsicht vollkommen neu ausgerichtet.

So wie letzte Woche. Da war ich zu Gast auf dem:

Ersten Wurstfestival des Nordens.

Wurst ohne Ende, quasi.

Auf einer langen Tafel sind an die hundert Würste dekorativ zu sehen, alle im Naturdarm, auf Stroh gebttet, umgeben von freilichtmuseumsartigen antiken Wurstpressen.
Davor stehen Menschen deren Leben Wurst ist. Breite Männer mit hochroten Gesichtern. Männer die sonst schon morgens um 5 ihre Hände in Blut stecken oder Brät in Därme stopfen. Sie riechen nach Aquavit und staunen über die Pracht ihrer Zunft. Bartels nimmt Clausen in den Arm (was in anderen Kreisen wie leichte Körperverletzung anmuten würde) und drückt Clausens Schulter ganz fest an sich ran.

Bartels: "Nee, ist das nich' was?", eine Träne entweicht seinen roten Augen.

Clausen:"Ja, nich, oder?"

Sie sind Männer weniger Worte, verstehen sich trotzdem. Sie greifen beide gleichzeitig zur Digiknipse um die Würste zu fotografieren, den gleichen Ausdruck von Freude im Gesicht wie ein verklemmter Buchhalter, der auf einer Erotikmesse die Möpse von Gina Wild für immer auf seine Memory Card bannen darf.

An den Tischen, die in der ehemaligen Reithalle des Schlosses Wotersen aufgebaut sind, wird Wurst verkostet. Ich weiß nicht wie viele es sind, hundert, vielleicht zweihundert. An den Tischen sind Menschen die aussehen als ob Sie sonst im Kernkraftwerk oder bei DESY arbeiten, adrett gekleidet mit kleinen Clipboards in der Hand. Nur das kleine Zeichen auf ihren makellos gebügelten Kitteln verrät wer diese Menschen sind. Die 2 schweinchen-rosafarbigen "f"s des Fleischerfachverbandes prangen da, darunter der Name des Verkosters.

Müller, Bartels, Clausen, Meier. Es sind sehr viele anwesend. Sie sind alle ernsthaft bei der Sache, schneiden auf, streichen Mett glatt, riechen Knacker, drücken Därme.

"Schau mal, die quillt."
"Büschen grau, aber gute Nase."
" Nö, aber nöö. Schade."
"Das geht, ja gaanich."

Die fragliche Wurst ist eine Dithmarscher Eierleberwurst. Ja. Eier. Der Laie (ich) beugt sich zu den Testern:

"Darf ich auch, bitte?" Trotz Kittellosigkeit wird mir eine Scheibe gereicht. Dazu Erkärungen.

"Wird eigentlich warm gegessen. Kommt aus Dithmarschen, kannte ich vorher auch nich. Und?"

Ein fettige Schicht füllt meinen Mundraum aus. Der Geschmack der wohl Eier sein soll erinnert mich an meine Kindheit, da habe ich mal einen Streichholzkopf geleckt. Die Fettschicht rutscht jetzt in meinen Schlund der Schwefelgeschmack nimmt zu und dann ist es vorbei. Die Geschmackssensation die ich erhofft hatte war es nicht. So in etwa stelle ich mir kasachische Margarine vor, weshalb auch immer.

"Und?"

"Interresant. Gibt es noch Aquavit?"

"Guter Junge."

stechuhr

Online seit 6843 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 10. Jul, 12:18

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angedockt

Ich dank recht schön!...
Ich dank recht schön! Übrigens der nachträgliche Jungesellen-Abend...
Herr Paulsen - 10. Jul, 12:18
fotos.
Ich glaube, bar jeder wissenschaftlichen Begründung,...
andropovs onkel - 9. Jul, 15:11
Da rechts.
Neben dem schiefen Mülleimer geht es runter zum Strand....
andropovs onkel - 8. Jun, 00:42
Spanien
...oder zumindest der Teil in dem ich mich gerade befinde,...
andropovs onkel - 7. Jun, 23:54

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